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Feuer im Kopf – die Krankheit hinter der Geschichte

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Geschrieben von:

Martin Auerswald, M.Sc.

Medizinisch überprüft von:

Dr. Barbara Müller

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 25. November 2022 um 15:09

Als Buch und als Film bei Netflix sorgt eine wahre Geschichte über Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis für Aufruhr – „Feuer im Kopf“. Die frisch verliebte Susannah Cahalan ist 24 Jahre jung. Sie ist eine talentierte College-Absolventin, aufstrebende Journalistin und steht vor dem größten Albtraum ihres Lebens – Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis. Innerhalb kürzester Zeit erkrankt sie schwer, leidet an unerklärbaren Symptomen, die auf eine psychische Erkrankung hindeuten. Sie wird zum Schwerstpflegefall in der Psychiatrie. Der erfahrene Neurologe Souhel Najjar stellt, nach langem Warten, eine erst kürzlich entdeckte Autoimmunerkrankung fest. Einmal richtig diagnostiziert, sorgen die geeigneten Medikamente schnell für Genesung. Wir möchten Sie heute über Susannahs Autoimmunkrankheit Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis aufklären und die wichtigsten Fragen beantworten.

Welche Krankheit steckt hinter der Geschichte von „Feuer im Kopf“?

Die Betroffene in „Feuer im Kopf“ ist an Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkrankt, einer Autoimmunerkrankung.

Was ist Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis?

Diese schwer auszusprechende Krankheit gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Bei dieser Art von Erkrankungen bildet das Immunsystem Abwehrstoffe (Antikörper) gegen körpereigenes Gewebe und beginnt, es zu bekämpfen.
Bei der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bildet der Körper Antikörper gegen den NMDA-Rezeptor, ein wichtiges Protein bei der Signalübertragung von Nervenzellen im Gehirn.

Was passiert im Gehirn bei Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis?

Binden sich Antikörper an den NMDA-Rezeptor, wird er blockiert und die Kommunikation der jeweiligen Nervenbahn unterbrochen. Das Gehirn ist unsere zentrale Schaltstelle und auf kommunizierende Nervenzellen angewiesen. Ganze Hirnareale arbeiten deshalb bei der Erkrankung langsamer oder fallen ganz aus.

Durch die Immunreaktion bedingt entzündet sich das Gehirn. Das wird als Enzephalitis bezeichnet und hat normalerweise eine virale oder bakterielle Infektion als Ursache.
Je nachdem, welche Areale des Gehirns am meisten betroffen sind, fallen die Symptome unterschiedlich aus. Am häufigsten werden diese Reaktionen im Hippocampus sowie in der Großhirnrinde beobachtet. Der Hippocampus speichert und verarbeitet Erinnerungen und die Großhirnrinde verarbeitet die Sinneseindrücke. Das ist gut in der Geschichte von „Feuer im Kopf“ zu beobachten.

Was ist der Auslöser von Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis?

Da es eine Autoimmunerkrankung ist, können die üblichen Autoimmunerkrankungen Ursachen wie zum Beispiel Nährstoffmängel, Leaky Gut Syndrom, Infektionen oder Stress die Ursache sein. Bei 60 % der Betroffenen werden Teratome gefunden, das sind Keimzelltumore in den Eierstöcken. Ein Teratom ist ein Tumor (Krebs), der aus pluripotenten Stammzellen (Stammzellen, die sich in jede Art von Gewebe entwickeln können) entsteht.

Wächst der Tumor, entwickeln sich die Tumor-Stammzellen in verschiedenen Geweben, was bizarr aussehende Tumore zur Folge hat. Auch Nervenzellen sind in der Regel in Teratomen enthalten. Das Immunsystem erkennt das Teratom als körperfremd an und bildet Antikörper gegen die verschiedenen Zelltypen – auch gegen die Nervenzellen. So kommt es zur Bildung von Anti-NDMA-Rezeptor-Antikörpern, die dann im Gehirn “gesunde” Nervenzellen angreifen.

Weitere Ursachen werden aktuell erforscht.

Wie wird Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkannt / Symptome?

Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 23 Jahren, in den meisten Fällen sind Frauen betroffen. Da Hippocampus und Großhirnrinde fast immer betroffen sind, können die folgenden Symptome auftreten.

Im frühen Stadium:

  • Grippeähnliche Symptome
  • Kopfschmerzen
  • Angst
  • Erregung
  • Schlaflosigkeit
  • Leichte Halluzinationen
  • Leichter Erinnerungsverlust
  • Leichte Stimmungsschwankungen

Im fortschreitenden Stadium:

  • Bizarres Verhalten
  • Erinnerungsverlust
  • Nachlassende Lernfähigkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Halluzinationen
  • Instabile Sehfähigkeit
  • Realitätsverlust und Wahn
  • Motorische Störungen wie Schluckbeschwerden

Im späten Stadium:

  • Katatonik
  • Epilepsie
  • Sprachverlust
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Atemstörungen
  • Temperaturschwankungen

Womit besteht Verwechslungsgefahr und warum?

Die Krankheit ist erst seit 2007 wissenschaftlich beschrieben. Bis dahin wurden Betroffene von Arzt zu Arzt weitergereicht, bis sie aufgrund der Symptome in der Psychiatrie landeten.

Eine Verwechslung mit folgenden Krankheiten sind bis heute nicht selten:

  • Epilepsie
  • Schizophrenie,
  • Bipolare Störung
  • Autismus,
  • Manie
  • Depressionen

Dank moderner Forschungen und der Etablierung von Spezialisten wird die Krankheit heute immer häufiger erkannt und rechtzeitig behandelt.

Wie wird die Krankheit behandelt? Behandlung von Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis

Wenn bei betroffenen Frauen ein Teratom festgestellt werden kann, führt die operative Entfernung in vielen Fällen zur Remission. In den meisten Fällen führt das zumindest zu einer starken Besserung der Symptome. Je früher die Behandlung eintritt und positiv verläuft, desto weniger bleibende Schäden sind bei Betroffenen zu befürchten.
In allen Fällen wird eine immunsuppressive Therapie mit Glukokortikoiden, Biologika und speziellen Zytostatika (Cyclosporin und Cyclophosphamid) durchgeführt.
Die Auswirkung gesunder und stressreduzierter Lebensführung wurde bei Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis noch nicht wissenschaftlich untersucht, führt jedoch erfahrungsgemäß zu einer weiteren Verbesserung des Krankheitsbildes.

Wie wird Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis vorgebeugt?

Es ist nach aktueller wissenschaftlicher Lage nicht bekannt, wie Teratomen vorgebeugt werden kann, noch wie der Erkrankung auch ohne Teratom vorgebeugt werden kann. Die Früherkennung ist der wichtigste Faktor, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen und zu behandeln sowie um bleibende Schäden zu minimieren.

Wer ist besonders von Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis betroffen und warum?

80 % der Betroffenen sind junge Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter, die meisten weiblichen Betroffenen weisen ein Teratom auf. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 23 Jahre. Männliche Betroffene wurden bisher kaum beschrieben.

Was ist NMDA?

NMDA ist eine Abkürzung für N-Methyl-D-Aspartat und ein synthetischer Stoff, der mit hoher Affinität an den NMDA-Rezeptor bindet. NMDA ist chemisch dem Glutamat sehr ähnlich. Glutamat ist der wichtigste Ligand (Bindepartner) des NMDA-Rezeptors und für die erregende (exzitatorische) Signalübertragung im Gehirn verantwortlich.

Was ist eine Enzephalitis?

Darunter wird eine Entzündung des Gehirns (Enzephalon = anatomische Bezeichnung des Gehirns) verstanden. Üblicherweise tritt eine Enzephalitis nach einer Infektion (Viren oder Bakterien) auf, eine bekannte Form ist die durch Zecken übertragene Hirnhautentzündung.
Da das Immunsystem im Gehirn nur sehr eingeschränkt wirkt, ist eine infektiöse Enzephalitis immer gefährlich und muss sofort behandelt werden. Bei einer nicht-infektiösen Enzephalitis wie bei der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis gilt dies ebenso. Der Grund dafür ist, dass ein entzündetes Gehirn in seiner Funktion beeinträchtigt ist und bleibende Schäden entstehen können.

Fazit – eine noch zu wenig erforschte, gefährliche Autoimmunerkrankung

Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Wenn sich Antikörper an den NMDA-Rezeptor binden, wird der Rezeptor blockiert und die Kommunikation der Nervenbahn unterbrochen. Das Gehirn entzündet sich durch die Immunreaktion. Der Auslöser der Krankheit sind die typischen Ursachen von Autoimmunerkrankungen. Bei 60 % der Betroffenen fanden die Ärzte Teratome. Das Immunsystem erkennt das Teratom als körperfremd an und bildet Antikörper – auch gegen die Nervenzellen. Es kommt zur Bildung von Anti-NMDA-Rezeptor-Antikörpern. Die Krankheit verwechseln Ärzte oft mit psychischen Krankheiten, da sich die Symptome den psychischen Krankheiten ähneln. Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist erst seit 2007 wissenschaftlich beschrieben und betrifft fast immer junge Frauen. Die Krankheit wird mit einer immunsuppressiven Therapie mit Glukokortikoiden, Biologika und speziellen Zytostatika behandelt. Entdeckte Teratome werden operativ entfernt. Daraufhin tritt schnell Besserung ein.

Der Film „Feuer im Kopf“ ist derzeit bei Netflix zum Streamen verfügbar. Ebenso gibt es ein gleichnamiges Buch zu kaufen. Wie ist Ihre Meinung zur Geschichte von „Feuer im Kopf“ und zu dieser seltenen Autoimmunerkrankung? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar!

Weitere interessante Themen:

http://www.anti-nmda-rezeptor-enzephalitis.de/index.php/fragen-und-antworten/psyche-oder-demenz
Creten, Caroline; van der Zwaan, Sanne; Blankespoor, Roos J.; Maatkamp, Arjen; Nicolai, Joost; van Os, Jim; Schieveld, Jan N. M. (2011): Late onset autism and anti-NMDA-receptor encephalitis. In: Lancet (London, England) 378 (9785), S. 98. DOI: 10.1016/S0140-6736(11)60548-5.
Dalmau, Josep; Tüzün, Erdem; Wu, Haiyan; Masjuan, Jaime; Rossi, Jeffrey E.; Voloschin, Alfredo et al. (2007): Paraneoplastic Anti–N-methyl-D-aspartate Receptor Encephalitis Associated with Ovarian Teratoma. In: Annals of neurology 61 (1), S. 25–36. DOI: 10.1002/ana.21050.
Scheibe, Franziska; Pruss, Harald; Mengel, Annerose M.; Kohler, Siegfried; Numann, Astrid; Kohnlein, Martin et al. (2017): Bortezomib for treatment of therapy-refractory anti-NMDA receptor encephalitis. In: Neurology 88 (4), S. 366–370. DOI: 10.1212/WNL.0000000000003536.
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